GSHW Newsletter Dezember 2015

GSHW e.V. – Dachverband der deutschen Traditionsschiffe

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Bericht vom Infotreffen am 21. November in Eckernförde

Aktueller Stand Sicherheitsrichtlinie

Am 13. Oktober 2015 trafen sich Vertreter der GSHW und AGDM in Berlin mit dem Leiter der Abteilung WS 2 Schifffahrt des BMVI, Achim Wehrmann. Der Fahrplan für die neue Rechtsgrundlage sieht vor, dass der Entwurf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vorgelegt wird, anschließend dem Verkehrs­ausschuss des Bundestags. Erst danach, also frühestens Anfang 2016, beginnt das öffentliche Anhörungs­verfahren. Für die Verordnung ist kein Gesetzgebungsverfahren erforderlich; das BMVI will die Akte Rechtsgrundlage für Traditionsschiffe deutlich vor der nächsten Bundestagswahl 2017 schließen. Werner von Unruh betonte, die GSHW wünsche eine ausreichend lange Anhörungsfrist, um die Anwendungsfähigkeit der SiRi zu prüfen. Die GSHW lasse sich nicht unter Zeitdruck setzen. „Die GSHW ist der Verband der Traditionsschiffe. Wir wollen uns absprechen und gemeinsam nach außen auftreten,“ sagte er.

Problematisch sei, dass in der Wahrnehmung der meisten Politiker alle „alten“ Schiffe als Traditionsschiffe (TS) im Sinne der SiRi wahrgenommen würden. Zum Beispiel war die Segelyacht Falado von Rhodos kein TS, dennoch werde der Untergang 2013 in Bezug auf die TS überbewertet.

Die Unfallstatistik gebe den TS zudem Recht, dass kein Sicherheitsdefizit gegenüber der Fahrgast­schifffahrt bestehe. Wie bereits erwähnt, müsse aber mit weiteren Nachweisen, z.B. zur Stabilität und zum Gebrauch eines International Safety Management Systems (ISM), gerechnet werden. Den ideellen Zweckbetrieb könnten nach Auffassung der GSHW Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer bestätigen. Auch das Betreiberkonzept solle sachlich und institutionell unabhängig von der Schiffssicherheit geprüft werden.

Rieke Boomgarden (AGDM) ergänzte, Wehrmann habe noch einmal bestätigt, was schon der PSt Enak Ferlemann im November 2014 schrieb: „Der Entwurf sieht einen Bestandsschutz für TS dergestalt vor, dass Schiffe, sofern sie zum 30.09.2012 über ein gültiges Zeugnis für TS verfügten, als historisch gelten…“ (siehe auch unten: Zusammenarbeit mit dem DSM). Das BMVI wolle endlich eine Richtlinie haben, die sich befriedend auswirke.

Das Schiffssicherheitszeugnis ist ein nationales Zeugnis. Wer international fährt, braucht jedoch weitere Nachweise, z.B. ein Loadline-Zertifikat, Bestätigungen zu Seefestigkeit, Verschlusszustand u.v.a., die aber z.Zt. die BG-V nicht mehr ausstellt. Dies muss in der neuen Rechtsgrundlage klar geregelt werden.

Ein Vorschlag aus den Reihen der Mitglieder lautete, nach der umfassenden Durchsicht des Entwurfs durch den Vorstand ein Wochenende mit Fachgruppen-Workshops zu veranstalten. So könne die Kompetenz der Mitglieder genutzt und durch die Mitarbeit an der Stellungnahme die Akzeptanz der SiRi gesteigert werden. Auch solle angestrebt werden, AGDM, SHM und Nicht-Mitglieder mit einzubeziehen.
Der Termin für die GSHW-Mitgliederversammlung (voraussichtlich im Februar 2016)
soll unabhängig vom Diskussionsbedarf des Entwurfs festgesetzt werden.

Zusammenarbeit mit dem DSM
Der duale Zugangsweg zu den Sicherheits­zeugnissen (über die GSHW bzw. die BG Verkehr) soll nach GSHW erhalten bleiben. Dazu gehört auch, dass die Historizität von verschiedenen Gruppen Sachverständiger bescheinigt werden kann. In diesem Zusammen­hang wurden Vorgespräche mit der Direktorin am Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven, Dr. Ursula Warnke, geführt. Sie ist sehr daran interessiert, dass das DSM sich an den Gutachten beteiligt. Dieser Vorschlag wurde im Berlin-Gespräch Abteilungsleiter Achim Wehrmann unterbreitet. „Dabei können wir aus Erfahrung noch nicht absehen, wie zukünftige Umbauten an den Schiffen behandelt werden“, sagte Werner von Unruh.
Europäische Richtlinie für Fahrgastschiffe
Wie im September-Newsletter angekündigt wollte das EMH bei der EU-Kommission erwir­ken, in der Richtlinie für Fahrgastschiffe die Ausnahmen für Traditionsschiffe präziser zu fassen. Die derzeitige Regelung sieht eine Ausnahme von der Richtlinie u.a. für folgende Schiffe vor: „…vor 1965 entworfene und hauptsächlich mit den Originalwerkstoffen gebaute historische Fahrgastschiffe im Original oder als Einzelnachbildung, Sportboote,…“ (siehe www.deutsche-flagge.de > Schiffsarten > Fahrgast­schiffe). Diskutiert wird der Vorschlag, die zeitliche Begrenzung auf 1965 aufzuheben und statt dessen ein allgemeines Schiffsalter von über 70 Jahren als Ausnahmekriterium festzusetzen.
MoU und Dänemark-Fahrt
Die Änderung der Fahrgastschiff-Richtlinie könnte sich für die Traditionsschiffe auch positiv auf die so genannte Dänemark-Fahrt auswirken. Auf Initiative des EMH soll das Komitee des Memorandum of Understanding (MoU) wieder zusammentreten. Von der neuen schwedi­schen Vorsitzenden Ingrid Cherfils wird erhofft, dass sie unter anderem Dänemark, das Tradi­tionsschiffe mit mehr als zwölf Mitseglern als Fahrgastschiffe wertet, wieder ins Boot des MoU holen kann. Werner von Unruh äußerte, dass die bilaterale Regelung zwischen Däne­mark und den Niederlanden nur dann sinnvoll sei, wenn andere Staaten einbezogen würden.

Erfahrungsberichte der Betreiber
Die Eigner und Betreiber berichteten über sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Zulassungs­verfahren oder Prüfungen von WSP und Zoll. Mehrere Zeugnisse mit fünfjähriger und einige mit zweijähriger Geltungsdauer (Bestandsschutz nur bis zum Inkrafttreten der neuen Rechtsgrundlage) wurden erteilt. Bei einer Kontrolle an Bord eines TS sprachen Beamte der WSP ein Auslaufverbot aus, bis die vorge­schriebenen Seekarten und aktuellen Handbücher an Bord waren (keine Sportbootkarten erlaubt außer denjenigen vom BSH). Auf einem anderen TS wurde das Logbuch auf Vollständigkeit und Einhaltung des Fahrverbots bei mehr als fünf Beaufort sowie der maximalen Fahrtdauer überprüft. Ausführlich diskutiert wurden die Vorschriften für Zollabfertigung (siehe Anhang; beim Ein/Auslaufen in Kiel Wachbuchnummer beim Zoll anfordern; ggf. Zollstander führen; Tipp von Gerhard Bialek: Rechnungen über Dieselkauf aufbewahren) und Grenzübertritt (Tipp von Niko Kern: Grenzerlaubnis für Nicht-Schengen-Staaten beantragen, siehe www.bundespolizei.de > Sicher auf Reisen > Mit Schiff und Boot).
Ausbildungskonzept der GSTU
Ab 2016 wird die German Sail Training Union (GSTU), gegründet als Interessenvertretung der Sail-Training-Schiffe (STS), ein Ausbildungsangebot vorlegen, z.B. die Sicherheits­ausbildung im Einsatz­ausbildungszentrum der Marine in Neustadt/Holstein. Niko Kern informierte, dass auch Crews von Nicht-STS teilnehmen können. Bereits 2015 wurde in Kiel eine Übung mit der Feuerwehr an Bord der Roald Amundsen organisiert. Denkbar ist auch ein gemeinsamer Pool für die Anschaffung von Schiffsausrüstung.

Auf Nachfrage der Mitglieder wurde die inhaltliche Arbeit der GSTU und der Sail Training Association Germany (STAG) erläutert. Entgegen der landläufigen Meinung fördert die STAG finanziell sowohl die Jugendarbeit auf STS als auch die STS selbst, z.B. Albatros, Alexander von Humboldt II, Amphitrite, Esprit, Franzius, Roald Amundsen.

Fahrzeitanerkennung
Zur Frage der Fahrzeitanerkennung auf TS auch für die kommerzielle Schifffahrt stellte Werner von Unruh klar, dass es nur um Anteile der gesamten geforderten Fahrzeit gehe. Ein bestehender Ermessensspielraum solle dabei umfassend im Sinne der erforderlichen Ausbildungsqualität ausgeschöpft werden. Das Thema wurde beim Leiter der BSH-Abteilung Schifffahrt, Jörg Kaufmann, in Berlin angesprochen. Auch Knut Frisch bestätigte, dass noch eine gewisse Zurückhaltung besteht, wenn es um die Qualität und Anerkennung der Ausbildung nach STCW (z.B. Enkhuizer Zeevaartschool, Niederlande) gehe.

Antrag an die UNESCO
Die GSHW hat auf Initiative des Bildungslogger Lovis BÖE e.V. bei der Deutschen UNESCO-Kommission den Antrag gestellt, die Traditionssegel­schifffahrt in das „Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland“ aufzunehmen. Dieser Antrag wurde in der Hamburger Kulturbehörde als Vermittlerin eingereicht. In abgeänderter Form hat auch die AGDM diesen Antrag bei der Kulturbehörde des Landes Schleswig-Holstein gestellt, ohne sich mit der GSHW abzusprechen. Zwei ähnlich lautende Anträge sind aber nicht zulässig. Die beiden Vereine wollten mit den Behörden zügig klären, wie gemeinsam verfahren werden kann, weil die UNESCO vom 30. November bis zum 4. Dezember 2015 in Windhoek/Namibia über die weltweit gestellten Anträge entscheidet. (www.unesco.de) Letzte Meldung: Die GSHW hat nach Abstimmung mit den Behörden den Hamburger Antrag zurückgezogen und stellt mit der AGDM in Schleswig-Holstein den dort formulierten Antrag.

Lobbyarbeit verstärken
Der GSHW-Vorstand ruft alle Mitglieder dazu auf, die Kontakte mit Politikern vor Ort zu pflegen und zu erweitern. Dabei kann man sich darauf beziehen, dass die Regierungserklärung den maßgeblichen Satz „Für den Erhalt der Traditionsschifffahrt werden wir dauerhafte Regelungen erarbeiten.“ enthält und das Thema somit berichtspflichtig macht. Diesbezüglich dankte Werner von Unruh dem Lovis BÖE e.V. für seine damalige Initiative. Auch die regionalen Stammtische sollten den Erfahrungs-, Informations- und Meinungs­austausch wieder aufleben lassen. Termine können z.B. auf der Web- und Facebookseite der GSHW veröffentlicht werden.

Bitte melden!
– Wer hat die Einladung zum Infotreff (verschickt am 10. Oktober) nicht direkt erhalten?
– Wer betreibt ein Traditionsschiff und ist (noch) nicht Mitglied bzw. im Verteiler der GSHW?
( Nur gemeinsam sind wir stark !!! )
– Wer hat Probleme mit den Verteilern festgestellt?
Bitte meldet euch bei der Geschäftsstelle!
Werner von Unruh dankte Rieke Boomgaarden herzlich für die Möglichkeit, das Treffen auf der Andreas Gayk in Eckernförde zu veranstalten.

Monika Kludas
Kommunikationsbeauftragte

Die GSHW wünscht allen ein friedliches Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr 2016.

Der geschäftsführende Vorstand  
Werner von Unruh (Vorsitzender)
Thomas Hoppe (Stv. Vorsitzender)
Niko Kern (Stv. Vorsitzender, Geschäftsstelle)
Gerhard Bialek (Schatzmeister)

 

Der erweiterte Vorstand
Rieke Boomgaarden (AGDM)
Thomas Brümmer
Knut Frisch
Andreas Grohmann
Klaus Heinig
Torsten Huthoff (STAG)
Uli Komorowski
Hermann Lohse
Beatrice Weber
Jan-Matthias Westermann
Wolfgang Wiedenmann

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